Weiterbildung für 170 Medizinische Praxiskoordinatorinnen

Bereits zum 4. Mal organisierte der Schweizerische Verband Medizinischer Praxis-Fachpersonen SVA ein Symposium. Es war dieses Jahr speziell ausgerichtet auf die Bedürfnisse der medizinischen Praxis-Koordinatorinnen und -Koordinatoren MPK. Das spannende, abwechslungs- und lehrreiche Programm beinhaltete sowohl standespolitische Schwerpunkte wie auch wertvolle Angebote zur Fort- und Weiterbildung.

Punkt 08:30 Uhr begrüssten SVA-Zentralpräsidentin Nicole Thönen und SVA-Zentralvizepräsidentin Marianne Schenk die beeindruckende Besucherschar in den zwei Vortragssälen im 1. Stock des Kongresshauses Zürich. Beide gaben ihrer Freude Ausdruck über den erfreulich grossen Aufmarsch (Das Symposium war ausgebucht.) und verwiesen mit Stolz auf die Kooperation mit der sgaim. Die Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin tagte gleichentags ebenfalls im Zürcher Kongresshaus. Zahlreiche Ausstellungsstände wichtiger Organisationen und Firmen bereicherten zusätzlich das Tagesprogramm und boten vorab in den drei Pausen interessante Kontakte und Gespräche.

Spannend und lehrreich bereits die beiden Auftakt-Referate. Carla George berichtete eindrücklich, wie Qualitätssicherung in der Praxisapotheke immer mehr mit EDV-Mitteln sichergestellt werde und Dr. Bagattini präsentierte zur weltweit zunehmenden Polypharmacie sehr eindrückliche Zahlen. So werden in Pflegeheimen im Durchschnitt 9 Medikamente pro Patient eingenommen, 16 gar bei Spitex-Patienten. Und mit jedem zusätzlich eingenommenen Medikament steigt sowohl das Risiko einer Nebenwirkung wie auch das Risiko einer Interaktion zwischen den Medikamenten, führte Bagattini aus.

«Wie positioniere ich mich als MPK in der Praxis und wie festige ich meine Stellung?» Diese Thematik hatte als einzige kein zeitgleich stattfindendes Parallelangebot und stiess auf sehr grosses Interesse. Prof. Dr. med. Corinne Chmiel und die beiden MPK Mazzina Rauch Senn und Judith Pinnock berichteten nicht nur aus eigener Erfahrung, sondern zogen das Publikum aktiv in ihre Ausführungen ein, beantworteten Fragen und reagierten auf Äusserungen aus der Zuhörerinnenschar. Klar kam zum Ausdruck, dass Ärzte dank Planungs-, Koordinations- und Controlling-Arbeiten der MPK wertvolle Zeit gewinnen für Patientinnen und Patienten. Aber ebenso kam zur Sprache, dass einzelnen Ärzten das Delegieren von relevanten Aufgaben nicht leicht fällt, dass teilweise wichtige Zeit für Teamsitzungen fehlt und die «Sandwichposition» für MPK sehr belastend sein kann. Genau auf diesen Punkt -auf diese Positionierung zwischen Arzt und Geschäftsleitung einerseits und den MPA andererseits- kam im folgenden Referat «Konflikte aus dem Alltag der leitenden MPK» auch Prisca Fässler zu sprechen. Sie tat dies sehr engagiert und mit viel Herzblut; mehrfach wurden Äusserungen von ihr mit spontanem Applaus aus dem Publikum honoriert. Sie scheute sich auch nicht, heikle Punkte anzusprechen, z.B. die Unpünktlichkeit gewisser Ärzte, das Umplanen der Agenda ohne Vorinformation, das Fehlen von Respekt, Rücksichtnahme und Wertschätzung. In Erinnerung geblieben ist mir auch der Satz: «Eine MPK hört nicht auf zu arbeiten, wenn sie müde ist. Sie hört auf, wenn sie fertig ist.»

Mit interessanten Fachreferaten zur Sturzprävention, zur Sterilisation von Praxisinstrumenten und zur Sucht-Thematik ging es vor und nach der Mittagspause weiter. Salomé Steinle erläuterte, wie Sturzrisiken bei Patientinnen und Patienten zu erkennen sind und gab wertvolle Tipps zu deren Prävention. Ursula Meier Köhler führte aus, dass Stürze die Hauptunfallursache sind, vorab zu Hause und in der Freizeit passieren (deutlich vor Unfällen im Strassenverkehr und beim Sport). Auch sie sprach zur Sturzprävention in der Gesundheitsversorgung («Stopp Sturz») und verwies auf diesbezüglich zur Verfügung stehende Tools.
Duri Allemanns Informationen zur Sterilisation betrafen vorab die zahlreichen regulatorischen Grundlagen. Das gestattete den Zuhörerinnen, ihr diesbezügliches Wissen auf den neusten Stand zu bringen.
Packend und faszinierend (z.B. sein Ursachenmodell) dann am Nachmittag die beiden Referate von Roger Mäder, Koordinator der Suchtmedizin Schweiz. Ein Ausspruch von ihm ist mir ganz speziell in Erinnerung geblieben, weil er damit auch die berühmten Paracelsus-Worte (« … allein auf die Dosis kommt es an.») relativierte: «Schwangerschaft und Alkohol sind ein absolutes No-Go!» Und bestimmt enorm wertvoll waren Mäders Tipps, wie Beratungsgespräche mit suchtgefährdeten und suchtkranken Patientinnen und Patienten geführt werden sollen. Ganz besonders wichtig: aktives Zuhören, offene Fragen … und aufrichtig loben.
«Wie gelingt ein Praxisprojekt?» war das Thema von Sandra Oppikofer. Überraschend die Vielzahl von Erfolgsfaktoren, die dabei mitspielen und verblüffend die Aussage der Referentin zu Projektgegnern: «Ich liebe sie!» Ihre Begründung: «Sie sind auch wichtig, weil sie kritisch sind!»

Den Abschluss des facettenreichen Symposiums machten vier Referate, die den MPK sehr wertvolle Umsetzungshilfen für ihre tägliche Berufsarbeit vermittelten. Leila Dubsky und Sandra Inglin informierten über Herzinsuffizienz, Blutdruck und Arteriosklerose und Kristin Pippert und Andrea Liechti vermittelten Tipps für präzise Röntgenbilder.
Auf sehr grosse und positive Resonanz stiessen abschliessend die beiden Referate von Denise Gilli, ihres Zeichens Geschäftsführerin des SVA und hauptberuflich als Juristin tätig: das erste zum Thema «Rechte und Pflichten der leitenden MPK» und das zweite zu «Häusliche Gewalt - welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen?» Viele ihrer Aussagen und präsentierten Zahlen machten sehr betroffen und enorm gross war der dargestellte Fächer all dieser Ausformungen von Gewalt. Kaum verwunderlich somit Gillis Schluss-Aufforderung ans Publikum: «Lueged äne - getraut euch zu helfen!»

Fazit: Es war ein gleichermassen abwechslungsreiches, spannendes und enorm interessantes Symposium 2023! – Man gestatte mir folgendes Kompliment ganz zum Schluss - gerichtet an die beeindruckend grosse Teilnehmerinnenschar: Es war auch eine tolle Leistung, eine solche Fülle  von Informationen und Eindrücken mit soviel Aufmerksamkeit, Konzentration und Interesse aufnehmen zu können! BRAVO!

Text, Interviews und Fotos: Heinz Schürmann, Emmenbrücke

4 Stimmen zum MPK-Symposium

Andrea Rinderknecht
Praxisgemeinschaft Altstetten
"Danke für die tolle Organisation! Der Austausch unter MPK ist wichtig und motivierend. Die Referate waren praxisbezogen und hilfreich für unsere tägliche Arbeit mit Patientinnen und Patienten.»

Linda Kohler
Herzpraxis Zollikon
"Das Symposium bot eine breite Palette von interessanten Themen. Ich persönlich schätzte vor allem die Gelegenheit zum Austausch und Networking. Ich konnte aber auch meine Perspektiven erweitern und neue Erkenntnisse für meine Arbeit gewinnen. Ich freue mich schon aufs nächste Mal."

Jessica Moreno
IZZ Immunologie-Zentrum Zürich
«Das Symposium war sehr vielfältig und spannend. Man erhält neue Ansichten und Möglichkeiten, die in der Praxis umgesetzt werden können. Es ist immer sehr wertvoll, sich mich mit Berufskolleginnen auszutauschen. Dafür war das Symposium perfekt. Das Referat "Rechte und Pflichten einer MPK" war überdurchschnittlich interessant und praxisnah. Hier konnte ich viel mitnehmen. Das nächste Jahr bin ich auf jeden Fall wieder dabei!»

Andrea Kollár-Ryser
Praxis am Sternenplatz, Worb
"Für mich war es das erste MPK-Symposium und ich kann nur sagen, es hat sich in jeder Hinsicht gelohnt. Die spannenden Referate zu ganz unterschiedlichen Themen und der Austausch mit Berufskolleginnen waren sehr inspirierend und bereichernd. Nächstes Jahr komme ich, wenn möglich, auf jeden Fall wieder!"