Ein Einblick in die Thematik ‚erschöpfte Mütter‘ aus Sicht des Elternnotrufs

Erschöpfung wählt man sich nicht aus

Sich erschöpft fühlen ist ein sehr unangenehmer Zustand. Man ist müde, ausgelaugt, gereizt und unzufrieden. Einen Umgang mit diesen Symptomen zu finden und diese auszuhalten, verlangt schon viel von einem ab. Als wäre das nicht genug, kommen noch das schlechte Gewissen und das Gefühl des Versagens dazu. „Anderen gelingt alles besser, und sie wirken glücklich und zufrieden – was ist mit mir los, dass ich es nicht schaffe?“

Auch fürs Gegenüber ist es schwer

Eine erschöpfte Person vor sich zu haben, ist auch fürs Gegenüber schwer auszuhalten. Gefühle von Hilflosigkeit und Ohnmacht kommen auf, und man möchte möglichst schnell etwas sagen oder tun, damit es wieder besser wird.

Gutgemeinte Ratschläge können in diesem Moment genau das Gegenteil bewirken, weil sie das Gefühl von Versagen noch verstärken. Sich wahrgenommen fühlen und nicht verurteilt werden, kann unterstützend und kraftspendend sein. Das kann zum Beispiel so klingen: „Da kommt sehr viel zusammen und ich höre, wie belastend dies für Sie ist und was Sie momentan alles unter einen Hut bringen müssen!“

Was kann hilfreich sein im Umgang mit erschöpften Müttern?

  • Sich selbst im Auge behalten: Was passiert bei mir, wenn ich eine erschöpfte Mutter vor mir habe? Was ist mein erster Impuls? Ist das, was ich sagen möchte, für die Mutter hilfreich? Was brauche ich, um diese Situation auszuhalten?
  • Entschleunigen: Die Erschöpfung hat sich über Wochen oder Monate aufgebaut, somit sollte man nicht von sich selbst erwarten, die Person zu sein, die eine schnelle Lösung zur Hand hat. Veränderungen brauchen Zeit und Geduld. Dies auszuhalten ist für die meisten schwer.
  • Sich bewusst sein: Mütter sind sich zum Teil widersprechenden Erwartungen und Bedürfnissen ausgesetzt. Manchmal prallen Erwartungen und Bedürfnisse von überall auf Mütter ein: die Erwartungen des Arbeitsplatzes, der Nachbarn, der Schwiegereltern, des Vaters der Kinder, der Gesellschaft in Form von Glaubenssätzen ‚was eine gute Mutter ist‘, zusätzlich noch die eigenen Erwartungen an sich selbst als Frau, Mutter, Kollegin, Freundin, Nachbarin, Fachperson etc., und nicht zu vergessen: die Erwartungen und Bedürfnisse der Kinder. Oft verlieren Mütter sich im Versuch, möglichst viele Erwartungen und Bedürfnisse zu erfüllen. Sich einzugestehen, dass dies gar nicht möglich ist, kann ihnen helfen, aus dem Hamsterrad auszusteigen und sich eine neue Frage zu stellen: „Was brauche ich, um nicht mehr alles erfüllen zu wollen? Wie gelingt es mir, Aufträge zurückzuweisen?“
  • Unterscheiden von situativer oder grundlegender Erschöpfung:Wenn es in den letzten Tagen oder Wochen eine erkennbare Kumulierung von Herausforderungen gab und die Erschöpfung darauf zurückzuführen ist (z.B. das Kind war krank, es gab einen Umzug, einen Stellenwechsel, eine Operation, einen Todesfall im nahen Umfeld…), dann ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass sich das Befinden und die Kräfte wieder einpendeln werden. In diesem Fall kann zuhören und das Gehörte würdigen reichen.

Ist die Erschöpfung tief und nicht mit einzelnen Ereignissen in Verbindung zu bringen, braucht es etwas anderes: „Ich höre, wie erschöpft Sie sind und nehme dies ernst. Ich finde es wichtig, dass Sie sich an eine Fachperson wenden.“

  • Bei einem Verdacht auf Burnout sollte man die Mutter darauf hinweisen, sich an die Ärztin oder den Arzt zu wenden, und sie bestärken, offen über ihre Erschöpfung zu sprechen. Sich erschöpft zu fühlen ist häufig mit Scham behaftet. Von einer Fachperson zu hören, dass man sich die Erschöpfung nicht einbildet, sondern es wichtig und auch der richtige Moment ist, eine Ärztin oder einen Arzt zu involvieren, kann helfen, die Hürde zu überwinden.

Folgende Fachstellen können hilfreich sein:

  • In Fällen von Krankheit oder Unfall sowie Überlastungssituationen in der Familie kann man den Entlastungsdienst des SRK empfehlen, in den meisten Kantonen heisst er „Kinderbetreuung zuhause“, in Basel z.B. „Familienentlastung“.
  • Wenn es darum geht, die eigene Familiensituation aus einer anderen Perspektive zu betrachten, sich der diversen Erwartungen bewusster zu werden, Veränderungen und nächste Schritte zu planen, Ideen zu finden oder im Austausch mit einer Fachperson wieder Kraft und Zuversicht zu gewinnen, dann macht es Sinn, die Nummer des Elternnotrufs anzugeben. Wir haben Zeit und nehmen uns Zeit, mit den Eltern gemeinsam herauszufinden, was sie belastet und was sich hilfreich anfühlen könnte:
    0848 35 45 55. Wir beraten auch per Mail und per Chat.